Diözesane Misereor Eröffnung in Lindau
Bericht aus der Lindauer Zeitung vom 01.03.2021
Bischof: „Aus Mystik muss Politik werden“
Diözese Augsburg eröffnet die Misereor: Fastenaktion erstmals in Lindau
Die Bolivianerin ist nur von hinten zu sehen: Ihr schwarzes Haar hat sie zu zwei langen Zöpfen geflochten, auf dem Kopf trägt sie einen Hut und ihre Schultern sind in ein grünes Tuch gehüllt. Diese Frau ist die zentrale Figur auf dem Plakat der diesjährigen Misereor-Fastenaktion.
Bolivien ist das Schwerpunktland. Doch die Schönheit der Landschaft wird auf dem Plakat von kalten Börsenwerten überlagert. Misereor will damit aufrütteln und zugleich ermutigen: „Es geht! Anders.“ So lautet das Motto der Fastenaktion. Die zentrale Misereor- Eröffnung der Diözese Augsburg fand am Sonntag zum ersten Mal in Lindau statt: mit einem Pontifikalamt mit Bischof Bertram Meier. Voller hätte die Kirche St.Josef in Lindau-Reutin unter Corona-Bedingungen nicht sein können.
Rund 120 Menschen sind gekommen und hielten in den Sitzbänken reichlich Abstand voneinander. Näher gerückt- in gedanklicher Hinsicht-ist dabei ein Land mehr als 10 000 Kilometer Entfernung: Bolivien. Dieser südamerikanische Staat steckt voller sozialer, kultureller und landschaftlicher Gegensätze. Nach Angaben des katholischen Werks für Entwicklungszusammenarbeit Misereor leben dort rund 11,5 Millionen Menschen, fast die Hälfte von ihnen bezeichnet sich als indigen, die sozialen Unterschiede sind enorm. Bolivien verfügt
über zahlreiche Bodenschätze und ist doch eines der ärmsten Länder Lateinamerikas. Die Artenvielfalt ist riesig, aber von massiven Abholzungen und Umweltzerstörung bedroht. „Das Land steckt heute in vielfältigen Krisen“ fasst Misereor zusammen und ruft dazu auf, „gemeinschaftlich nach einer Welt zu streben, in der alle Menschen in Gerechtigkeit leben können und die Schöpfung für zukünftige Generationen bewahrt wird“.
„Dank sei Gott, dass es Misereor gibt“ sagt Bischof Bertram Meier in seiner Predigt. Vielschichtig verwob er darin die Geschichte von der Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor mit der Bedeutung von Misereor. „Die Philosophie des Werkes speist sich aus der Begegnung mit unseren Partnern in der Einen Welt“ sagte Meier. Er spreche dabei bewusst von „Partnern“ und nicht von „Almosenempfängern“. Denn weltkirchliche Arbeit sei keine Scheckdiplomatie. Und Misereor sei nicht nur eine Hilfsorganisation, sondern vor allem ein Beziehungsnetz mit Dialog auf Augenhöhe und mit gemeinsamen Projekten. „Misereor steht im Dienste des Reiches Gottes“ sagt der Bischof.
Die Bolivianerin und verstörende Details auf dem Plakat der Fastenaktion beschrieb er eindrücklich: „Wie eine Fata Morgana tritt eine von Börsenwerten
umgebene Aktienkurve in ihrem Blick: Sinnbild für das Kapitalistische, allein am Wachstum ausgerichtete Wirtschaftsmodell, das Natur und Menschen im Süden rücksichtslos ausbeutet.
Wir dürfen der indigenen Bevölkerung dankbar sein, dass sie ihre Rechte verteidigt im Kampf gegen die Zerstörung ihres Lebensraumes-hervorgerufen durch Agrarindustrie, Bergbau und die Folgen des Klimawandels.“Es sei höchste Zeit zu handeln, mahnte der Bischof: „Aus der Mystik muss Politik werden, nicht kurzatmige Tagespolitik, sondern ein Pochen an das Gewissen eines jeden Einzelnen, entschlossen, nachhaltig, ja wenn´s sein muss hartnäckig und unerbittlich“. Denn auch die Bleibe Jesu sei kein Hotel auf dem Berg Tabor gewesen, sondern er sei wieder herunter auf die Straßen gegangen, wo er Kranke, Ausgestoßene und Abgeschobene traf.
Lindaus Oberbürgermeisterin Claudia Alfons schloss sich in ihren Grußwort ganz dem Motto der Fastenaktion an: „In welche Richtung sich unsere Weltgemeinschaft entwickelt, das haben wir mit unserem Lebensstil selbst in der Hand“ sagte sie und zeigte sich überzeugt: „Eine andere,
bessere und gerechtere Welt ist möglich!“
Da die Leiterin von Misereor Bayern, Barbara Schmidt, nicht nach Lindau kommen konnte, trug Anton Stegmair, Leiter der Abteilung Weltkirche im Bistum Augsburg, ihr Grußwort vor. Sie bezeichnete darin die Klimaerhitzung, die
Regenwaldabholzung und auch das Absterben von Wäldern hierzulande als „mahnende Zeichen, dass es so nicht weitergehen kann“.
Musikalisch reichhaltig gestaltet wurde dieser Gottesdienst von Philip Heger, Pastoralreferent aus Friedrichshafen, an der Orgel sowie mit Gesang von Jörg und Katrin Heide und Verena Hätke. Wäre die Corona-Pandemie nicht gewesen, so hätte dies alles ein Mehrfaches an
Besuchern erleben können. Um die eingeschränkten Möglichkeiten ein wenig auszugleichen, wurde zeitgleich in den Gottesdiensten im Münster auf der Insel und St. Ludwig in Aeschach die Predigt des Bischofs verlesen. Parallel dazu fand im Pfarrzentrum St. Josef ein Kindergottesdienst zum Thema „Teilen macht Freude“ statt. Auch im Stadtbild wäre diese Veranstaltung zu anderen Zeiten aufgefallen: Denn üblicherweise präsentieren Vereine, Verbände und Organisationen ihre Inhalte an Info- und Mitmachständen.
Wegen Corona war dies jedoch nicht möglich. So blieb das einzige Angebot nach den Gottesdienste ein „Solidaritätssnack to go“ wer mochte, konnte gegen eine Spende eine Brotzeittüte erwerben- als ein Beitrag für die Verwirklichung des Mottos: „Es geht! Anders.“
Anbei noch ein Video von Katholisch1 und eine Tonspur von der Übertragung der Predigt über Radio Horeb.
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